Hilfe für Gelähmte: Das Exoskelett

Raus aus dem Rolli, rein in die “Rüstung”

Wieder laufen zu können ist für viele Querschnittgelähmte ein großer Traum. Mit Hilfe einer zukunftsweisenden Technologie könnte dieser Wirklichkeit werden. Sie heißt Exoskelett und wird derzeit in einem Greifswalder Querschnittgelähmtenzentrum von Patienten getestet. Das Exoskelett, eine technisch ausgeklügelte Konstruktion, ermöglicht gelähmten Menschen nicht nur aufrecht zu stehen, sondern tatsächlich auch zu laufen. Allerdings bedarf es einiger Übung.

ReWalk-ZDF ExoskelettDas Exoskelett umgibt die Patienten mit einer festen Außenhülle und wird elektronisch gesteuert. Ein Exoskelett sieht auf den ersten Blick aus wie eine Art robotische Rüstung. Es dient dazu, eine stabile äußere Hülle um einen Organismus zu bilden. Die Idee stammt aus dem Tierreich: Im Gegensatz zu den Wirbeltieren besitzen alle Gliederfüßer statt eines Innenskeletts ein gepanzertes Außenskelett. Diese Tatsache wurde von Forschern und Entwicklern übernommen und für gelähmte Patienten weiter entwickelt.

Verschiedene Modelle

Es gibt unterschiedliche Arten von Exoskeletten: Einige können als therapeutische Hilfsmittel eingesetzt werden, um bei bestimmten Behinderungen und Erkrankungen eine vorhandene Restaktivität in den

Beinmuskeln gezielt zu mobilisieren. In diesem Fall soll den Patienten später das Laufen mit einem Rollator oder einer anderen Gehhilfe erleichtert werden. Ein anderes Modell, das derzeit im Querschnittgelähmtenzentrum Meckelnburg-Vorpommern in Greifswald erprobt wird, ist nicht als Therapie, sondern als Hilfsmittel konzipiert. Es wird derzeit ausschließlich an so genannten Paraplegikern getestet, also an nicht gehfähigen Patienten mit hochgradigen beziehungsweise kompletten Lähmungen beider Beine. Solche Patienten können nicht mehr selbständig laufen.

Verbesserung der Lebensqualität

Doch falsche Hoffnungen sollten dadurch nicht geweckt werden. Bei schweren Lähmungen kann auch durch ein Exoskelett das Gehen nicht wiedererlangt werden, sobald man es wieder ablegt. Deshalb sollten die Studienteilnehmer auch emotional gefestigt sein. Denn der Rollstuhl bleibt ihr zentrales Fortbewegungsmittel. Ein Exoskelett gibt ihnen aber die Chance, den Rollstuhl vorübergehend zu verlassen. Schon der Stand und das aufrechte Gehen bedeutet eine enorme Steigerung ihrer Lebensqualität. Um ein solches Exoskelett nutzen zu können, brauchen die Patienten bewegliche und kräftige Hände, Arme und Schultern, ein gesundes Herz-Kreislauf-System, ausreichende Knochenfestigkeit und genügend Durchhaltevermögen, um die Handhabung des Gerätes zu erlernen.

Viele Trainingsstunden notwendig

Das Exoskelett besteht aus einem Rahmen mit mehreren Gelenken, die den Hüft-, Knie- und Fußgelenkenen des menschlichen Körpers entsprechen. Es ist etwa 25 Kilogramm schwer. An den Gelenken befinden sich aufgesetzte Antriebsmotoren, die den Körper in Gang setzen. Zahlreiche Sensoren sammeln Informationen über die gewünschten Bewegungen des Trägers. Diese werden an einen Computer weitergeleitet, der sie analysiert und die Bewegungsabläufe steuert. Betrieben wird das Ekoskelett von Batterien, die neben dem Computer in einem Rucksack untergebracht werden. Die Energie reicht für mehrere Stunden aus. Mit einer Fernbedienung am Handgelenk, die aussieht wie eine Sportuhr, können verschiedene Programme eingestellt werden: Sitzen, Stehen, Gehen und sogar Treppensteigen.

Erste Tests haben gezeigt, dass viele Stunden Training nötig sind, bis das System ohne Hilfe und Begleitung von Therapeuten im Alltag zuhause genutzt werden kann. Zum Trainingsprogramm in der Greifswalder Studie gehören auch Gleichgewichtsübungen, Kraftübungen unter Aufsicht von Sporttherapeuten und begleitende psychologische Gespräche. In Israel, wo das System entwickelt wurde, zeigen Langzeitbeobachtungen bereits, dass eine Nutzung im Alltag nach ausreichender Trainingszeit durchaus realistisch ist. Mit dem Exoskelett erreichte ein querschnittgelähmter Proband ein Spitzentempo von 2,6 Stundenkilometern.

Zukunftsweisend, aber teuer

Die Kosten für die Technologie belaufen sich auf circa 50.000 Euro. Doch nur mit dem System alleine kann ein Patient nicht viel anfangen. Es muss speziell auf ihn angepasst werden und zusätzlich fallen viele Stunden Training mit speziell geschulten Physio- und Sporttherapeuten an. Derzeit ist noch nicht geklärt, ob und in welchem Umfang die Krankenversicherungen diese Kosten übernehmen werden.

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